Der private Wohnraum gilt als geschützter Rückzugsort, dessen Unverletzlichkeit verfassungsrechtlich verankert ist; sie endet jedoch, sobald innerfamiliäre Konflikte eskalieren und das Zusammenleben unzumutbar machen. Familiengerichte verhandeln regelmäßig Fälle, in denen erwachsene Kinder die Schlüssel abgeben, Eltern nach gewaltsamen Auseinandersetzungen den Zutritt verwehren oder Geschwister nach einer Erbschaftsstreitigkeit vor verschlossenen Türen stehen.
Die Erteilung eines Hausverbots an Verwandte bewegt sich an der sensiblen Schnittstelle zwischen Eigentumsrecht, Persönlichkeitsschutz und familiärer Fürsorgepflicht. Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, die formellen Anforderungen und die praktischen Fallstricke, damit ein solcher drastischer Schritt wirksam, verhältnismäßig und langfristig belastbar bleibt.
Rechtliche Verankerung und Abgrenzung zum Umgangsrecht
Das Hausrecht wurzelt in § 903 BGB und findet eine zusätzliche Stütze in Art. 13 GG, der den Schutz der Wohnung garantiert, zugleich aber Eingriffe zulässt, sobald Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Rechte Dritter drohen. Wer Alleineigentümer oder Hauptmieter einer Wohnung ist, bestimmt, wer Zutritt erhält und wer ausgeschlossen bleibt. Verwandtschaftsgrade erzeugen weder ein dingliches Mitbenutzungsrecht noch einen dauerhaften Besitzanspruch; einzig Eltern minderjähriger Kinder unterliegen wegen der elterlichen Sorge besonderen Grenzen, sobald Jugendämter und Familiengerichte Schutzmaßnahmen anordnen.
Ein Umgangsrecht nach § 1684 BGB legitimiert Besuche des anderen Elternteils nur dann in der elterlichen Wohnung, wenn keine zumutbare Alternative existiert. Folglich entfaltet ein klar formuliertes Hausverbot gegenüber Angehörigen volle Wirkung, sobald der Hausherr seinen Willen eindeutig erklärt und das Umgangsrecht anderweitig gesichert bleibt.
Typische Konfliktszenarien in familiären Beziehungen
Streitigkeiten innerhalb der Verwandtschaft prägen die Rechtsprechung zum Hausverbot. Wiederholte Bedrohungen, übergriffiges Verhalten oder massiver Sachschaden lösen häufig präventive Schutzmaßnahmen aus. Auch finanzielle Ausbeutung älterer Menschen veranlasst Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte zum Ausschluss naher Verwandter. Eine Eltern-Kind-Beziehung bewahrt streitlustige Volljährige nicht vor den Konsequenzen ihres Handelns. Damit typische Erscheinungsformen plastisch werden, folgt ein komprimierter Überblick:
- Gewalttätige Auseinandersetzungen nach Trennungen oder Scheidungen
- Stalking durch ehemals im Haushalt lebende Verwandte
- Erheblicher Alkohol- oder Drogenmissbrauch mit Gefährdung anderer Bewohner
- Diebstahl gemeinsamer Wertgegenstände oder systematische Geldforderungen
- Psychische Gewalt gegenüber pflegebedürftigen Elternteilen

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Formale Anforderungen an ein wirksames Hausverbot für Familienangehörige
Ein Hausverbot entsteht bereits durch mündliche Erklärung, doch Schriftform verhindert Beweisprobleme. Name, Geburtsdatum, Anschrift der ausgeschlossenen Person, Datum des Ausspruchs, Begründung sowie Hinweis auf strafrechtliche Folgen runden den Text ab. Bei Wohnungseigentümergemeinschaften ermächtigt § 15 WEG zur Hausverwaltung; der einzelne Eigentümer darf seine Einheit dennoch autonom schützen.
Hauptmieter trifft die Pflicht, Vermieter zeitnah zu informieren, damit keine Verletzung mietvertraglicher Treuepflichten droht. Gleichzeitige Übergabe beschlagnahmter Schlüssel verhindert faktische Umgehungen. Liegt eine akute Gefahrenlage vor, stützt § 34a PolG NRW oder entsprechende Landesnormen ein Verweisungsrecht der Polizei, das oft in eine Wohnungsverweisung von zehn Tagen mündet – direkt daran anschließend greift das zivilrechtliche Hausverbot. Fristen bestehen nicht, doch ein langes Zögern relativiert die Dringlichkeit und schwächt im Streitfall den Unterlassungsanspruch.
Durchsetzung, Kontrolle und Sanktionen
Missachtet die ausgeschlossene Person das Verbot, verwirklicht sie regelmäßig Hausfriedensbruch nach § 123 StGB, der mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe sanktioniert wird. Eigentümer und Hauptmieter erstatten Strafanzeige, dokumentieren den Verstoß durch Fotos, Zeugenaussagen oder Smart-Home-Protokolle und sorgen so für belastbare Beweise. Gleichzeitig bewirkt § 1004 BGB einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch, der per einstweiliger Verfügung durchgesetzt wird, falls Wiederholungsgefahr besteht. Zuständige Amtsgerichte reagieren bei nachvollziehbarer Eilbedürftigkeit binnen weniger Tage.
Wird das Verbot hartnäckig ignoriert, droht Zwangsgeld oder notfalls Ordnungshaft nach § 890 ZPO. Auch Vermieter verfügen über ein Kündigungsrecht, falls der Mieter das Hausrecht nicht schützt und Dritte unberechtigt Zutritt erhalten. Versicherungen verweisen bei grob fahrlässigem Verhalten auf Leistungskürzungen, sobald ein Einbruchsschaden die unkontrollierte Schlüsselweitergabe offenbart.

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Emotionale Dimension und Alternativen zur Eskalation
Ein Hausverbot im Familienkreis zerreißt vertraute Bande. Mediation, familienpsychologische Beratung oder betreutes Gespräch im Jugendamt entschärfen viele Situationen, bevor sie irreversible Maßnahmen erfordern. Sozialpädagogische Familienhilfe hilft belasteten Elternhäusern, Gewaltpräventionstrainings adressieren aggressive Verhaltensmuster, und Schuldnerberatung stabilisiert finanzielle Notlagen, welche Besuche in Beschimpfungen münden lassen.
Betroffene, die Opfer häuslicher Gewalt wurden, profitieren von Beratungsstellen nach § 201a SGB IX sowie von Frauenhäusern und Täterprogrammen. Der langfristige Frieden stellt sich häufiger ein, wenn eine strukturiert moderierte Aussprache stattgefunden hat und klare Besuchsregelungen schriftlich fixiert wurden. Trotz allem darf das Ziel der Gefahrenabwehr nie hinter idealistischem Versöhnungswunsch zurücktreten; Eigentumsrecht und körperliche Unversehrtheit genießen Vorrang.
Handlungsempfehlung für Betroffene
Familienzugehörigkeit schafft kein generelles Zutrittsprivileg. Wer Wohnung oder Haus besitzt oder anmietet, definiert die Türschwelle als Grenze, die im Konfliktfall rechtlich fundiert verteidigt wird. Ein wirksames Hausverbot verlangt eine eindeutige Willenserklärung, schriftliche Dokumentation sowie die entschlossene Durchsetzung über Strafrecht und Zivilverfahren. Landespolizeigesetze, Unterlassungsansprüche und mietrechtliche Nebenpflichten greifen ineinander, während Umgangs- und Sorgerechtsnormen den Schutz Minderjähriger gewährleisten.
Vor dem ultimativen Schritt sollten Schlichtung, Mediation und spezialisiertes Coaching geprüft werden, um familiäre Beziehungen nicht unnötig zu zerstören.
Bleiben Bedrohung, Übergriff oder massiver Vertrauensbruch jedoch bestehen, stellt das Hausverbot das legitime und wirkmächtige Instrument dar, um den häuslichen Rückzugsraum vor weiterer Belastung zu bewahren. Ein strikt eingehaltenes Zutrittsverbot wirkt zugleich deeskalierend und wegweisend, weil es klare Verhältnisse schafft und den Rahmen für künftige, konstruktive Kontakte präzise absteckt. Rechtskonform ausgestaltet und konsequent durchgesetzt, festigt es die Unverletzlichkeit der Wohnung als elementares Grundrecht und sichert die Würde aller Beteiligten.